Tupac war ein “thug”, also einer, der oft ein Leben lang versucht, sich aus der unverschuldeten sozialen Misere zu befreien. Meist ist der Weg recht unbequem und der Ausgang dramatisch. Ein Learning dieser Woche. Gelernt habe ich auch, dass in Nordschweden Robben Seite an Seite mit Straight Edgern ein friedliches Dasein fristen. Ich wurde aufgeklärt, dass eigentlich erst in den 60ern der Planet Erde entdeckt wurde, und dass das Ortsschild von Trona, ein trostloser Fleck am Rand von L.A., auch mit der Formel Na3(CO3)(HCO3)•2H2O überschrieben werden könnte. Die Zeiten sind interdisziplinär und das ARTVERGNÜGEN mal wieder eine wichtige Lektion.
The Whole Earth – “Kalifornien und das Verschwinden des Außen” im Haus der Kulturen der Welt
“Die wohl eindrucksvollste Machtdemonstration der USA auf der Höhe des Kalten Krieges produzierte ein erfolgreiches Bild, die Fotografie des Blauen Planeten.”
(Pressetext “The Whole Earth”)
Ein einziges Photo sorgte für ganz schön Trubel in der Welt. In den 60ern wurde zum ersten Mal ein Bild des gesamten Planeten Erde publiziert. Diese mächtige Gesamtheit vor Augen löste Sinnkrisen, Zweifel und Selbstüberschätzung aus, und bestehende Überzeugungen ab. Auf einen Schlag schien es keinen blinden Fleck mehr zu geben. Die Hoffnung in die Technologie ersetzte den Glauben an den Nationalstaat und bisher akzeptierte Machtverhältnisse. Kalifornien war das Zentrum des Whole Earth Network. Das begleitende Kompendium dieser Gegenkultur, der Whole Earth Catalogue, wurde von Steve Jobs als Googles analoger Vorläufer bezeichnet. Er wurde zum Manifest einer neuen Ideologie, “eine Allianz zwischen Hippies und Kybernetikern, Natur-Romantikern und Technologie-Verehrern, zwischen Psychedelia und Computerkultur”. Das HKW, erneut vorbildlich seinem Bildungsauftrag nachkommend, zeigt mithilfe historischer Dokumente und Bücher, Musik und Videos die Auswirkungen dieses einen Bildes auf die Gesellschaft in erschlagendem Umfang. Und so finden sich David Bowie nebst Larry David nebst Delphinen nebst Karate Kid nebst The Doors nebst Planet Erde.
Die am Freitag startende zweitägige Konferenz fragt vertiefend nach dem Erbe der kalifornischen Gegenkultur. Es wird über die Bewegung von der Counterculture zur Cyberculture (Fred Turner) gesprochen. Die Kuratoren Anselm Franke und Diedrich Diederichsen begegnen sich im Gespräch über “Die ganze Erde und kalifornische Kippfiguren”, die Kybernetik der Naturphilosophie, der Esoterik und der Ökologie (u.a. mit Lang Bang Larsen). Hier wird auch noch einmal explizit der Bogen zum Konzept des Anthropozän geschlagen, dem mehrjährigen Forschungsschwerpunkts des HKW.
Bis 01. Juli
Haus der Kulturen der Welt: John-Foster-Dulles Allee 10
Mi-Mo, 11 – 19.00 h
Eintritt Ausstellung 5€/3€, Mo frei
Tobias Zielony. “Jenny Jenny” in der Berlinischen Galerie
Ich durfte am Montag schon einen Blick auf Tobias Zielonys Serie Trona (2008) werfen. Gezeigt werden Fotografien Jugendlicher in der gleichnamigen gefallenen Industriestadt am Rand von L.A.. Trona steht als Platzhalter für diverse ländliche amerikanische Siedlungen, die nach dem Einbruch vorherrschender Strukturen plötzlich sich selbst überlassen werden; mit unguten Folgen. Existenzen in der Peripherie sind sein Thema, auch in seiner hier gezeigten neuesten Serie Jenny Jenny (2011-2013). Ab Donnerstag läuft seine erste große Einzelausstellung in Berlin. Kommt vorbei! Der kann was.
Bis 30. September
Berlinische Galerie: Alte Jakobstraße 124-128
Mi-Mo, 10.00 – 18.00 h
Eintritt 8 Euro, ermäßigt 5 Euro
Eröffnung am 20. Juni um 19.00 h
Jumana Manna in der 12×12 Videolounge
Wer auch was kann ist Jumana Manna. Drei Arbeiten der amerikanischen Videokünstlerin laufen im Programm der 12×12 Videolounge und ich bleibe für alle drei, in voller Länge. Das hat was zu bedeuten. Bei The Umpire Whispers und Blessed Blessed Oblivion steht der Raum knietief in Testosteron. Es blasen sich Muskeln in Close-up und slow motion auf, die Kurven eines BMW werden hingebungsvoll auf Hochglanz gestreichelt, im Hintergrund brummt ein mafiöses Gangster/ “thug”-system. Mister Bombastic denke ich. Mister Bombastic ertönt. Spannend wie ein Krimi, sexuell wie ein Porno, jede Einstellung Fotomaterial.
Bis 01. Juli
Berlinische Galerie: Alte Jakobstraße 124-128
Mi-Mo, 10.00 – 18.00 h
Eintritt 8 Euro, ermäßigt 5 Euro
„Artists Caught by [Umeå]” Kreativwettbewerb
Kein Geld für den Sommerurlaub? Mit dem richtigen Werkzeug und Kreativität, gepaart mit einer Portion Glück , leuchtet ihr bald in diesem unfassbar gesund aussehenden Schwedenbraun, gebettet auf 3000 Euro Taschengeld. Umeå, Hardcore- und Straight-Edge-Hochburg der 90er Jahre, Geburtsort von Bands wie (International) Noise Conspiracy, trägt für ein Jahr die Krone der europäischen Kulturhauptstadt. Zu jenem Anlass wurde ein Kreativwettbewerb ausgerufen, der eure Interpretationen der Kultur und des Lebens in Umeå und seiner nordschwedischen Umgebung erbittet. Einsendeschluss für Foto, Filme und Designs ist der 30. Juni. Die Arbeiten der Semi-Finalisten werden zudem in einer Ausstellung gezeigt. Und weil die Schweden so nett sind, findet ihr auf der Website zum Wettbewerb diverse Inspirationen sowie alle Details zu Einreichung und Ablauf. Lycka till!
Depeche Mode Exhibition Verlängerung
Die Depeche Mode Ausstellung im Kaufhaus Jandorf wurde ja schon von Matze angepriesen. Daniel Miller, der Entdecker der Band, war auch vor Ort und ist ebenfalls ganz aus dem Häuschen. Bisher haben 15.000 Menschen die Treppen des alten Kaufhauses bestiegen und haben sich unter anderem das erste Demotape angehört. Die Ausstellung wurde nun bis zum 23. Juni verlängert. Hin!
Brunnenstraße 19 – 21
10119 Berlin
täglich, 12.00 – 21.00