Das Artvergnügen entfaltet sich dieses Mal frei nach dem Motto “Work hard. Play Hard.” und guckt in Katerstimmung zurück auf das Gallery Weekend, um bei Julius von Bismarck zurück zur Arbeit zu gehen und danach beim Olympus Photography Playground wieder den Feierabend zu genießen.
Gallery Weekend – Der Morgen danach
Ok, ok zugegeben: Deutschland tut sich ja immer ein bisschen schwer mit Weltniveau. Hollywoodstars, die bei Wetten dass... ins Wachkoma fallen, oder ungebaute Flughäfen sind da nur Beispiele am Rande. So wirklich international zu beeindrucken klappt irgendwie nicht. Bis jetzt. Denn wer hätte das gedacht: Das Gallery Weekend hat sich ordentlich gemausert und Berlin drei Tage lang in eine Kunstparty mit bestens gelauntem und bestens angezogenem Publikum versetzt. Es wurde gestaunt, gebloggt, gekauft und getrunken was das Zeug hält. Geschwärmt wurde vor allem von Roswitha Hecke’s 70 er Schwarzweißphotographien, “sex workers” Irene bei Sassa Trültzsch, der Schönheit von Thilo Heinzmann’s ungebundenen Pigmenten bei Guido W. Baudach und den kleinen Tierskulpturen bei Esther Schipper, die auch (oder gerade) bei großen Jungs den Spieltrieb weckten. Der Kunstmarathon wurde entweder mit Rad oder frisch polierten BMW-Shuttles bezwungen.
Ich will ehrlich sein: mein Gallery Weekend fand leider ausschließlich in den eigenen vier Galeriewänden statt, aber so viel sei verraten – wir Galeristen verstehen es hervorragend, Privates und Berufliches zu mischen und so wurde nach Besichtigungsschluss im Kraftwerk bis zum Morgengrauen getanzt. Alles fürs Geschäft natürlich. Ein paar schöne visuelle Eindrücke vom Gallery Weekend findet ihr hier.
Julius von Bismarck – Zurück zur Arbeit
“Was er arbeitet ist so weit weg von jedem Mainstream, dass dieser alle Mühe hat dem noch hinterher zu hecheln.” Dieter Moor
An Julius von Bismarck ist alles auffällig: sein Name, seine (sehr) bärtige Erscheinung, seine Arbeitswut, seine Erfindungen, aber vor allem seine Kunst. Denn die ist so, wie man Kunst eine wirklich lange Zeit nicht mehr gesehen hat: klug. Die Feuilletons bezeichnen ihn gern als Brainiac der jungen Kunstwelt, egal ob er die Alpen und die Freiheitsstatue auspeitscht (dafür sogar verhaftet wird) oder Stadttauben mit Lebensmittelfarbe zu Paradiesvögeln aufwertet, dahinter stecken immer eine Menge Ideen und einer der vielversprechendsten Künstler der Gegenwart.
“Hier wird gearbeitet und nicht rumgehangen, gefaulenzt” sagt Julius von Bismarck, Jahrgang 1983, seinem Atelier. Erfinder, Patentbesitzer und Künstler ist er. Werbeagenturen rissen sich um seine Erfindung des Image Fulgurators, eine Kamera, die Lichtblitze auf Motive schießt. Für den Fotografierten nicht wahrnehmbar, für die Kamera hingegen schon. So schaffte er es, auf ein Abbild von Mao eine Friedenstaube zu schießen und auf den Papst die klare Message “NO”. Vor aller Augen und doch unsichtbar. Die ultimative Macht über die Bilder.
In den Räumen von Alexander Levy zeigt er jetzt mit Unfall am Mittelpunkt Deutschlands drei neue Werkkomplexe, in denen er erneut die Natur mit Kultur konfrontiert. Wir sehen Bilder eines Baums, genauer gesagt einer Linde, gepflanzt im Februar 1991 in der thüringischen Provinz Niederdorla. Ein Auto ist an diesen Baum geprallt – Totalschaden, aber niemand ist verletzt. Oder vielleicht doch? Diese Linde ist schließlich nicht irgendeine. Sie ist der geographische Mittelpunkt Deutschlands, das Herz der Bundesrepublik – die Macht kommt mit ins Spiel. Zufall oder Werk eines Künstlers? Der Zuschauer darf skeptisch sein. Das setzt sich auch in Abbildungen eines Waldes fort: von Bismarck hat unter allen Bäumen auch einen falschen Baum versteckt. Ein Spiel mit der Wahrnehmung, denn jetzt stellen wir den gesamten Wald in Frage, welcher Baum ist echt, welcher unecht? Nur ein Baum schafft es, den gesamten Eindruck zu verändern. Eine Beobachtung, die mehr über uns als über das Gesehene verrät.
Von Bismarck reflektiert keine Trends und keine Popkultur, er möchte ganz in seiner Kunst verschwinden, weit weg von allem weltlichen Getose. Die Ergebnisse treffen dennoch immer genau den Zeitgeist und das Schöne ist: er fängt gerade erst an.
Julius von Bismarck “Unfall am Mittelpunkt Deutschlands” bis zum 15. Juni
Alexander Levy / Rudi-Dutsche-Straße 26 / Di – Sa 11 – 18 Uhr / Eintritt frei
Olympus OM-D: Photography Playground – Endlich Feierabend!
In den alten Opernwerkstätten in Mitte findet sich derzeit ein Spielplatz für Erwachsene mit wirklich feinem Spielzeug: Olympus leiht für die Besichtigung von “Raum und Kunst” die Kameras Olympus OM-D, mit denen in der Ausstellung ganz eigene Ideen umgesetzt werden dürfen. Die Bühne hierfür bieten Installationen mit Licht und Material von Julian Charriere, Tim John, Jeongmoon Choi und vielen weiteren, wahnsinnig interessanten und vielseitigen Künstlern.
Der Beobachter in Interaktion mit der Kunst, das verspricht viel Spaß und gute Schnappschüsse. Spielen ist also ausdrücklich erlaubt, aber nicht vergessen: nicht die guten Hosen dafür anziehen (es gibt nämlich auch was zum Klettern!).
Alle Bilder, die mit den geliehenen Kameras während der Ausstellung geschossen werden, nehmen automatisch an einem Contest teil, bei dem man “attraktive Preise” gewinnen kann. Ich mache mir bei dem Sponsor bestimmt keine unbegründete Hoffnung, dass es sich dabei um Kameras handeln wird.
Olympus Photography Playground bis zum 24. Mai
Opernwerkstätten / Zinnowitzer Straße 9 / 11 – 19 Uhr / Eintritt frei